Aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten wurden in den letzten Wochen globalen Aktien auf breiter Front verkauft – der MSCI All Countries World Index auf US-Dollar-Basis fiel in der Folge um über zwei Prozent. Während Japan und die USA insgesamt besser abschnitten, entwickelten sich die Schwellenländer deutlich negativer. Die Märkte in China und Hongkong wiederum waren geprägt von Handelsproblemen und den anhaltenden Protesten, die unvermindert andauern. Defensive Sektoren – beispielsweise Versorgungsunternehmen – erholten sich, während sich die abflachende Zinskurve als Bremsfaktor für Finanztitel erwies. Zyklische Sektoren – Energie und Materialien also – wurden ebenfalls durch Handelshemmnisse sowie durch schwächere Makrodaten negativ beeinträchtigt.
Auch die britische Währung geriet unter Druck, nachdem die Regierung von Boris Johnson ankündigte, dass Parlament in einen Zwangsurlaub zu schicken, um den EU-Austritt des Königreichs in einem No-Deal-Szenario weiterzutreiben. Der FTSE100, welcher in der Regel von einem schwächeren Pfund Sterling unterstützt wird, blieb aber aufgrund seines höheren Rohstoff- und Finanz-Exposures hinter seinem inländischen Gegenstück zurück.
Totgeglaubte leben länger
Seit Ende 2018 entwickelt sich der Goldpreis stetig nach oben – er liegt derzeit bei über 1500 US-Dollar pro Feinunze, dem höchsten Stand seit 2013, und ist seit Jahresbeginn um 18,5 Prozent gestiegen. Das Niedrigzinsumfeld, welches das globale Wirtschaftswachstum verlangsamt sowie die anhaltenden Handels- und geopolitischen Spannungen, sind die treibenden Kräfte hinter dem neu entfachten Interesse der Anleger am gelben Metall. Dabei ist sowohl eine steigende Nachfrage nach physischem Gold als auch nach goldgestützten ETFs zu beobachten. Das wachsende Interesse an physischem Gold ist zum Teil das Ergebnis diplomatischer und handelspolitischer Auseinandersetzungen – wobei die Zentralbanken ihre Goldreserven aufstocken und insbesondere die Schwellenländer ihre Reserven diversifizieren. Die Zentralbanken in Polen, Russland, China, der Türkei und Indien haben beispielsweise ihre Goldreserven seit Jahresbeginn erhöht.
In der Zwischenzeit haben sich die Anleger vermehrt auch in goldgestützte ETFs geflüchtet, um sich gegen eine mögliche Abschwächung von US-Aktien sowie gegen sinkende Anleihen-Renditen abzusichern. Gold-besicherte ETFs bieten Anlegern zudem eine effizientere und kostengünstigere Möglichkeit, ihr Engagement auszubauen.
Die jüngsten Zinsentscheide der US-Notenbank Fed, die nach mehreren Zinserhöhungen inzwischen regelmässig Zinssenkungen beschliesst, haben überdies diejenigen Anleger alarmiert, die eine Abschwächung der US-Wirtschaft befürchten. Vor dem Hintergrund sinkender Anleihen-Renditen sowie zunehmender Zweifel am einem langlebigen Bullen-Aktienmarkt ist in der Folge auch die Nachfrage nach Gold deutlich gestiegen.
Sicherheit hat ihren Preis
Anleihen bieten sich traditionell als effektive Absicherung gegen Schwankungen an den Aktienmärkten an. Da sie jedoch inzwischen negative Renditen erwirtschaften, sehen sich die Anleger nun für diese Sicherheitsfunktion mit einem «Preisschild» konfrontiert. Die Höhe der negativ verzinslichen Schulden hat sich seit Oktober letzten Jahres mehr als verdoppelt und ist gemäss «Bloomberg Barclays Global Aggregate Negative Yielding Debt Index» von 6.4 Billionen US-Dollar auf über 16.8 Billionen US-Dollar gestiegen – der aktuelle Goldpreis reflektiert diese Entwicklung eindrücklich.
Da die Renditen tendenziell weiter sinken dürften, versuchen viele Anleger sich zu diversifizieren und investieren in Gold. Normalerweise würden Investoren, die einen Null-Rendite-Vermögenswert wie Gold halten, auf die Zinsen für Anleihen verzichten, aber diese Opportunitätskosten lösen sich angesichts der Leitzinspolitik durch die Zentralbanken in Luft auf. Mit den daraus resultierenden negativen Renditen von Staatsanleihen und den sinkenden Credit Spreads bieten diese vermeintlich sicheren Häfen nicht mehr den Schutz, den Anleger suchen. Zwar bieten US-Treasuries mit einer zehnjährigen Laufzeit immer noch positive Renditen, aber die Reiserichtung verändert sich.
Ein starker US-Dollar wäre hilfreich
Gold tendiert dazu, sich in Zeiten von Unsicherheit und erhöhter Risikoaversion gut zu entwickeln. Laufende Handelskriege und eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Verbindung mit anhaltend niedrigen Renditen erhöhen die Attraktivität von Gold als sicherer Hafen und als Wertspeicher zweifelsohne. Sollte der Handelskrieg in einem Währungskrieg münden, wird Gold aber im Gegensatz zu Fiat-Währungen seine Kaufkraft bewahren. Ein starker US-Dollar könnte den Goldpreis bremsen, aber die tolerantere Haltung der US-Notenbank Fed, die Diversifizierung der Reserveanlagen durch die Zentralbanken der Schwellenländer sowie die eigenen Versuche von Präsident Trump, den US-Dollar zu schwächen, könnten den Aufwärtstrend des Dollars schwächen.
Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass sich die Risikofaktoren, die das Interesse an Gold im laufenden Jahr erhöht haben, fortsetzen werden. Die weltwirtschaftliche Unsicherheit trägt zur Volatilität der Aktienmärkte bei und schmälert die Anleiherenditen, was Anlegern die Risikodiversifizierung erschwert. Wie in jedem Markt spielt die Stimmung eine grosse Rolle für den Preis und die Nachfrage nach Gold. Auf der Suche nach Sicherheit scheint Gold – zumindest vordergründig – seinen Glanz wiedererlangt zu haben.
Ritu Vohora, Investment Director M&G
19.09.2019
M&G International Investments Switzerland AG